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Ersatz für Marschwegstadion
Kritik an geplantem Stadionneubau in Oldenburg

Seit über 30 Jahren ist ein Stadionneubau Thema in Oldenburg. So lange spielt der VFB im Marschweg-Stadion. Keine Dauerlösung, deshalb soll der Stadtrat kommenden Montag einen Planungsbeschluss für einen Stadionneubau fassen. Als Zeichen für den DFB.

Von Piet Kreuzer | 25.02.2023
Olddenburger Fans stürmen jubelnd von der Tribüne auf den Platz.
Abschied nach der Euphorie: 2022 feierte der VfB Oldenburg im Marschwegstadion den Aufstieg in die 3. Liga. Für den Profifußball soll in absehbarer Zeit ein neues Stadion gebaut werden. (picture alliance / dpa / Hauke-Christian Dittrich)
„Wir haben keine andere Zukunft, als ins Marschwegstadion zu gehen. Das Donnerschwee-Stadion hat einfach nicht die Kapazität, um zweitligagerecht zu sein“, sagte 1991 der damalige Oldenburger Manager Rudi Assauer bei Radio Bremen.
„Und so hat sich die Stadt entschlossen, in Verbindung mit dem VfB das Marschweg so herzurichten - zumindest fürs nächste Jahr, dass wir dort spielen können. Es ist aber auch nur eine vorübergehende Lösung. Das heißt Endstadium muss sein, ein Stadion um die 20 bis 25.000 Zuschauer und davon 7.000 überbedachte Sitzplätze. Das ist gefordert, wenn man weiterhin Profifußball in Oldenburg sehen will.“
Aus dem Übergangsjahr sind mittlerweile mehr als 30 Jahre geworden. Im Marschweg-Stadion darf Drittligist VfB Oldenburg aber nur mit Ausnahmegenehmigung des DFB spielen: Es fehlen Flutlicht und eine Rasenheizung. Und Lärmschutzvorgaben verhindern Spiele nach 18:30 Uhr. Deswegen soll ein neues Stadion gebaut werden, Fassungsvermögen: 7.500 Zuschauer, mit der Option, auf bis zu 15.000 auszubauen. Der Standort soll in der Nähe des Hauptbahnhofes liegen. Ein Teil der Anwohner ist aber gegen den Neubau und hat eine Bürgerinitiative gegründet.

Anwohnerinitiative: "Ein Stadion gehört nicht zur Grundversorgung"

„Das ist durchaus strittig, ob ein Stadion gebaut werden muss, denn ein Stadion gehört ja nicht zur Grundversorgung. Der VfB als Profiverein braucht ein Stadion, die Bevölkerung nicht unbedingt", sagt der Sprecher der Initiative, Klaas Brümann. Der Oldenburger Oberbürgermeister Jürgen Krogmann verteidigt die Pläne:
„Ein Fußballstadion ist ähnlich wie eine Stadthalle, die wir ja auch an Profivereine vermieten. Aber auch ein Theater, ein Schwimmbad, wie auch immer: Teile einer städtischen Infrastruktur, um den Standort attraktiv zu machen und unseren Bürgerinnen und Bürgern Möglichkeiten zur Entfaltung zu geben.“
Die geplanten Kosten liegen laut Stadt bei etwa 41 Millionen Euro. Jan Vermöhlen vom Bund der Steuerzahler Niedersachsen/Bremen kritisiert die vorgelegten Zahlen:
„Dabei hat die Stadt nämlich ganz offensichtlich verkürzte und geschönte Zahlen herangezogen und dadurch eben die Kosten oder die Belastung für die Stadt Oldenburg aus so einem Stadionneubau künstlich kleingerechnet. Und das ist eben für die Vorbereitung eines solchen Beschlusses von so einer Tragweite einfach nicht angemessen. Und das konnten wir so nicht stehen lassen.“

Streit um die Zahlen

Das Planungsbüro schreibt selbst in einer Präsentation, dass die Kosten für mögliche Altlasten oder Baupreissteigerungen noch nicht berechnet werden konnten. In den 41 Millionen Euro seien aber knapp sieben Millionen Euro als pauschaler Risikozuschlag einkalkuliert. Der Bund der Steuerzahler kommt in einer eigenen Berechnung im worst case allerdings auf Kosten von bis zu 60 Millionen Euro. Oberbürgermeister Krogmann beklagt, dass sich der Bund der Steuerzahler in eine laufende politische Debatte einmische. Deshalb habe er dem BdSt geschrieben:
„Dass wir zum jetzigen Zeitpunkt mit den Zahlen kalkulieren, die uns die begleitenden Büros präsentiert haben, dass sie aber natürlich jetzt in einem weitergehenden Stadium, wenn wir jetzt im Rat den Realisierungs- oder den Planungsbeschluss bekommen, dann geht es natürlich in die Ausführung der Planung. Und dann werden wir auch genauer sagen können, was es kostet. Und dann, im Herbst wird es ja, wenn alles glattgeht, den endgültigen Beschluss zum Bau geben.“
Denn der Stadt und dem VfB Oldenburg läuft die Zeit davon. Das Lizenzierungsverfahren für die 3. Liga beginnt am 1. März. Die Stadt Oldenburg will daher rechtzeitig ein Signal setzen, um eine Verlängerung des Provisoriums Marschweg-Stadion zu erreichen. Jan Vermöhlen befürchtet, dass mit einer Entscheidung am kommenden Montag Fakten geschaffen werden sollen:
„Wenn man jetzt dem DFB mit dem Grundsatzbeschluss eine Ausnahmegenehmigung für das Marschweg-Stadion für die nächste Saison aus dem Kreuz geleiert hat, ruft doch im Oktober niemand mehr in Frankfurt an und sagt: 'sorry, lieber DFB, aber wir haben uns das mit dem Stadionneubau jetzt doch noch mal anders überlegt.' Das ist ja unrealistisch. Das wird nicht passieren.“

Bis zu zwei Millionen Euro an Kosten pro Jahr für die Stadt

Ein anderes Problem wird laut Steuerzahler-Bund ausgeblendet. Denn seit 2014 müssen Kommunen und Städte jährliche Unterstützungen für Wirtschaftsunternehmen – dazu zählen auch Profivereine – bei der Europäischen Kommission genehmigen lassen, wenn sie die Zwei-Millionen-Euro-Grenze überschreiten. Selbst im Optimalfall müsste die Stadt nach aktuellen Berechnungen rund eine Million pro Jahr Defizit ausgleichen.
Und wenn der VfB Oldenburg in die Regionalliga absteigt oder weniger Zuschauer als geplant kommen, müsste die Stadt mehr als zwei Millionen Euro jährlich an die Betreibergesellschaft zahlen.
Vermöhlen: „Und deswegen könnte es hier natürlich auch eben zu Komplikationen mit den Beihilferecht kommen. Und es gibt letztlich nur eine einzige Möglichkeit, um hier wirklich sämtliche Probleme aus dem Weg zu räumen. Und das wäre eben ein offizielles Notifizierungsverfahren bei der Europäischen Kommission.“
OB Krogmann meint, es sei noch zu früh, um das abschließend zu beurteilen. Die beihilferechtliche Prüfung soll Teil der weiteren Ausarbeitung sein.