Berlin. Das Mommsenstadion soll eine Rasenheizung und neue Tribünen erhalten, Charlottenburg-Wilmersdorf will aber mehr. Die Zeit drängt.

Zwischen dem Land und dem Bezirk Charlottenburg ist ein Streit über die Sanierung des Mommsenstadions ausgebrochen. Das Stadion muss für die Fußball-Europameisterschaft modernisiert werden. In diesem Zusammenhang will das Land das Stadion nach den Vorgaben der Deutschen Fußball Liga (DFL) gleich auch fit für die Dritte Fußball Liga machen, weil Berlin derzeit nicht über ein nach den Vorgaben der DFL ausgestattetes Stadion verfügt. Die Gesamtkosten in Höhe von drei Millionen Euro übernimmt das Land - doch der Bezirk weigert sich bislang, entsprechenden baulichen Veränderungen zuzustimmen.

Die Zeit für eine Sanierung des Stadions drängt

Am 21. Dezember vergangenen Jahres hat die neue Sportstaatssekretärin Franziska Becker deswegen ein Schreiben an die zuständige Stadträtin Heike Schmitt-Schmelz gesandt, das der Berliner Morgenpost vorliegt.

Die Zeit drängt. Um für den Trainingsbetrieb zur Europameisterschaft zur Verfügung zu stehen, müssen die Umbaumaßnahmen zeitnah geplant und umgesetzt werden, das Stadion muss ab Mitte Mai für den Trainingsbetrieb zur Verfügung stehen.

„Ich bitte Sie höchst nachdrücklich, in der nächsten Bezirksamtssitzung für einen raschen und reibungslosen Umbau des Mommsenstadions einzusetzen“, heißt es in dem Schreiben. „Eine ausdrückliche Zustimmung des Bezirks benötigen wir bis spätestens zum 15. Januar 2024.“

Bezirk knüpft Zustimmung an zusätzliche Forderungen

Bislang allerdings ohne Erfolg. Nach Informationen der Berliner Morgenpost hat Bezirksstadträtin Schmitt-Schmelz die Zustimmung zum Umbau an Bedingungen geknüpft. So soll das Land neben der Sanierung des Stadions, die insgesamt rund drei Millionen Euro kostet, zusätzliche Mittel für ein neues Funktionsgebäude des SCC und eine neue Laufanlage bereitstellen.

Sportstaatssekretärin Becker zeigt sich in dem Schreiben verwundert über das von der Bezirksstadträtin geforderte Kompensationsgeschäft für den SCC. In einem Gespräch zwischen den beiden Politikerinnen zum Thema habe Schmitt-Schmelz den Eindruck hinterlassen, „dass ihrerseits nur dann eine Zustimmung für die gebotene Stadionertüchtigung zu erwarten ist, wenn Ihnen mein Haus, ihrer Wortwahl entsprechend ‚Goodies‘ erbringt“, heißt es in dem Schreiben. Dieser Erwartung könne der Senat weder finanziell noch haushaltsrechtlich entsprechen.

Für die Europameisterschaft muss das Stadion einen neuen Rasen erhalten, der den Vorgaben der UEFA entspricht und es müssen Investitionen in die Sicherheit erfolgen. Den Anlass will der Senat nutzen, um das Stadion für einen möglichen Aufsteiger in die Dritte Liga zu ertüchtigen. Dazu ist nach neuen DFL-Vorgaben der Einbau einer Rasenheizung notwendig. Außerdem soll die Zuschauerkapazität auf 5000 Plätze verringert und für mögliche randalierende Fans eine Verwahrmöglichkeit geschaffen werden. Dazu soll ein Container auf dem Gelände aufgestellt werden.

Senat versteht die Blockadehaltung des Bezirks nicht

Becker versteht den Widerstand des Bezirks nicht. „Das Land stellt die Mittel zur Verfügung, der Umbau geht nicht zulasten des Bezirks“, sagte Becker gegenüber der Morgenpost. „Die Ertüchtigung des Mommsenstadions ist zwingend notwendig, damit der Drittligabetrieb gesichert ist.“ Der Umbau des Mommsenstadions nach den Richtlinien der DFL für die Dritte Liga sei zudem die weitaus kostengünstigste Möglichkeit. Im Fall des Sportforums Hohenschönhausen würden entsprechende Umbauten viel teurer und das Jahn-Sportstadion, das sogar für die Zweite Fußball-Bundesliga ausgestattet werden soll, steht in absehbarer Zeit nicht zur Verfügung.

Eine entsprechende Anfrage an den Bezirk ließ Sportstadträtin Schmitt-Schmelz am Donnerstag unbeantwortet.

Derzeit stehen der BFC Dynamo (Platz 2) und Viktoria Berlin (Platz 3) in der Regionalliga auf aussichtsreichen Tabellenplätzen. Mannschaften müssen im März ihre Lizenzunterlagen für einen möglichen Aufstieg in die Dritte Liga bei der DFL vorlegen. Bis dahin sollten die Vereine Klarheit über eine mögliche Spielstätte haben.

Sechs EM-Spiele finden in Berlin statt

Höhepunkt des Sportjahres ist in diesem Jahr die Fußball-Europameisterschaft, die vom 14. Juni bis zum 14. Juli in Deutschland stattfindet. Neben dem Olympiastadion, in dem in diesem Sommer insgesamt sechs Spiele inklusive des Finales ausgetragen werden, muss das Land verschiedene weitere Fußballplätze zur Verfügung stellen, damit Mannschaften, die in Berlin untergebracht sind, entsprechende Trainingsplätze zur Verfügung haben.

Dazu gehören das Mommsenstadion und das Ernst-Reuter-Sportfeld in Zehlendorf. Hier bestehen relativ kurze Anfahrtswege zum Olympiastadion. Sie fungieren als sogenannte Team-Basiscamps, Nationalverbände können diese Sportstätten nutzen, wenn sie in Berlin untergebracht sind.

Insgesamt laufen die Vorbereitungen für die Europameisterschaft in Berlin holprig. Die Kosten sind in den vergangenen Monaten mehrfach angestiegen. Statt der ursprünglich geplanten rund 63 Millionen Euro rechnet Berlin nun mit rund 82 Millionen Euro. Einen Großteil der Kosten wird für das große Fanfest vor dem Brandenburger Tor und der Straße des 17. Juni fällig. Auch das Olympiastadion wird aufgehübscht, unter anderem mit neuen Toilettenanlagen. Dazu kommen Kosten für die Trainingsplätze im Mommsenstadion und Ernst-Reuter-Sportfeld.

Außerdem habe sich herausgestellt, dass durch Energiekrise und Inflation die ausgeschriebenen Aufträge deutlich teurer werden als ursprünglich geplant, erklärte Sportsenatorin Iris Spranger (SPD) zuletzt im Sportausschuss des Abgeordnetenhauses.